Natur pur rund um die Uhr: Abend im Wald von Gustav Kampmann | #77
Shownotes
Mit einem magischen Abendrot zeigt der Künstler Gustav Kampmann in diesem Werk seine Leidenschaft für Natur und Licht. Besonders faszinierte ihn das Farbenspiel am Himmel am frühen Abend und späten Nachmittag. Wie der Künstler Karlsruhe prägte und welche spannende Technik hinter dem Werk steckt, verrät Kunstcomedian Jakob Schwerdtfeger in dieser Folge von Kunstsnack.
Das Werk in der Onlinesammlung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe: https://www.kunsthalle-karlsruhe.de/kunstwerke/Gustav-Kampmann/Abend-im-Wald/12F0D48AD632471BADDE0D3415A4C52F/
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Ein Podcast der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Text: Jakob Schwerdtfeger
Redaktion: Lara Di Carlo, Tabea Schwarze, Leonie Stieber
Idee: Daniela Sistermanns, Sarah Ball, Tabea Schwarze
Beratung: Thomas Frank
Ton und Schnitt: Lara Di Carlo
Sounddesign und Musik: Milan Fey, Auf die Ohren GmbH
Sprecher Intro und Outro: Martin Petermann, Auf die Ohren GmbH
Sprecherin der Rubriken: Lena Günther, Auf die Ohren GmbH
Foto: Bruno Kelzer | kelzer.de
Gestaltung: Pia Schmeckthal, Auf die Ohren GmbH
Transkript anzeigen
Kunstsnack. Ein Podcast der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Natur pur rund um die Uhr: Abend im Wald von Gustav Kampmann
Gewitter, Wolken, Sonne, Abendrot – das sehen wir auf vielen Bildern des Malers, um den es jetzt geht. Denn heute haben wir es mit dem Wetterfrosch der Kunstgeschichte zu tun: Gustav Kampmann. Dieser Künstler hat Landschaften noch und nöcher dargestellt und er hat das Thema Lichtstimmung einfach durchgespielt. Manchmal gibt es ja so ein magisches Abendrot, von dem man die Augen nicht lassen kann. Genau dieses Licht fängt Kampmann bei dem Werk dieser Folge ein. Es trägt passenderweise den Titel „Abend im Walde“ und es entstand vermutlich Ende des. 19. Jahrhunderts. Dann schauen wir uns dieses herrliche Kunstwerk aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe mal näher an. Und wir werfen einen Blick auf den Künstler Gustav Kampmann, einen echten Underdog der Kunstgeschichte. Viel Spaß!
Der Kunstsnack – Kurze Facts leicht bekömmlich. Von der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe mit dem Comedian und Kunsthistoriker Jakob Schwerdtfeger.
Ich kann mich an dem Werk der heutigen Folge nicht satt sehen. Daher empfehle ich euch inständig: Schaut euch das Ganze selbst an. In den Shownotes ist ein Link zur Abbildung. Aber jetzt beschreibe ich euch natürlich alles – wie immer.
Was gibt‘s hier zu sehen? Bildliche Beschreibung
Direkt vorweg: Wir haben es hier mit einer Druckgrafik zu tun, eine Lithografie – die Technik erläutere ich euch gleich. Erst mal ist nur wichtig, es handelt sich bei „Abend im Walde“ um eine farbige Arbeit auf Papier. Was sehen wir? Wir schauen in einen Wald, viele schmale Bäume und ein dicker Stamm. Eine Schneise zieht sich durch den Wald und öffnet sich nach hinten. So können wir den Himmel sehen und der erstrahlt in einem wunderschönen pastelligen Orange. Also nicht so ein grelles Fanta-Orange, sondern eher wie das leichte Orange-Rosa von einem hellen Rosé-Wein.
Der Himmel im Hintergrund ist also hell, der Rest des Waldes im Vordergrund dagegen ziemlich dunkel. Der Künstler nutzt hier den Effekt vom Gegenlicht. Dadurch erscheinen die Bäume ziemlich flach, sie wirken wie ein breites Liniengewirr, dass sich nach oben erstreckt. Keine Menschen sind zu sehen. Sonst werden ja gerne noch Personen in Landschaften platziert so wie Märklin-Figuren. Hier nicht.
Dieser Blick in den Wald ist im besten Sinne unspektakulär. Und genau das liebe ich an der Kunst, dass sie uns die Augen öffnet für die Beiläufigkeiten des Lebens. Von dem Blatt geht eine erstaunliche Ruhe aus. Nichts auf dem Motiv sorgt für Unruhe, die Komposition ist ausgewogen und reduziert. Genau diese ruhigen, entspannten Werke. Die liebe ich persönlich besonders. Vor dieser Kunst komme ich richtig runter. Ich bin normalerweise sehr umtriebig, stehe ständig unter Strom. Ich bin so hektisch, mein Spitzname ist Hektor. Aber Kampmann holt mich runter. Bei „Abend im Walde“ frage ich mich nur: Wenn der Künstler das vor Ort gemacht hat, abends alles festgehalten hat, dann muss der ja einen richtigen stressigen Heimweg durch den dunklen Wald gehabt haben. Naja das wird wohl ein Mysterium bleiben
Wie ist es gemacht? Technische Details
Das Blatt aus der Kunsthalle Karlsruhe ist eine Lithografie. Ich erkläre euch diese Drucktechnik mal step by step:
Das Motiv wird auf einen flachen Stein gezeichnet und dort mit einem chemischen Prozess fixiert. Für die Zeichnung benutzt man fetthaltige Farben.
Der Litho-Stein wird mit Wasser eingerieben. Bei diesem Druckverfahren nutzt man den Effekt, dass sich Fett und Wasser abstoßen So zieht das Wasser nuran den unbemalten Stellen in den Stein ein.
Ich hatte ja gesagt: Man hat davor mit fetthaltigen Farben.
Zum Drucken wird der Stein mit einer fetthaltigen Druckfarbe eingerieben, dabei bleibt die Farbe nur an den fettigen Stellen haften. Die nicht bemalten Stellen sind nass und stoßen die Farbe ab.
Für jede Farbe, die gedruckt werden soll, wird ein eigener Stein benötigt, auf dem der entsprechende Teil des Motivs aufgebracht ist.
Das zu bedruckende, leere Blatt kommt auf den Stein und ab in die Presse damit. Die farbigen Stellen drucken sich ab. Zack! Hat man die Lithografie. Der
Druckvorgang wird für jede Farbe mit dem entsprechenden Stein wiederholt.
So konnte man im 19. Jahrhundert super farbig drucken. Was Gustav Kampmann auch fleißig tat.
Wie wurde das Werk beeinflusst? Interessante Inspirationen
Landschaften waren für Gustav Kampmann die größte Inspirationsquelle. Er hat ein paar Stillleben mit Früchten oder Blumen gemalt, aber sonst fast nur Landschaften – sein Schaffen bedeutet also: Natur pur rund um die Uhr.
Das Werk „Abend im Walde“ dürfte in Kampmanns Zeit bei der Grötzinger Malerkolonie entstanden sein. Grötzingen klingt ähnlich poetisch wie ein Ort, in dem ich letztens mit meiner Comedyshow aufgetreten bin: Strümpfelbach. Naja, Grötzingen ist auf jeden Fall heutzutage ein Stadtteil von Karlsruhe – ziemlich weit außerhalb. Hier gründet sich 1889 die Grötzinger Malerkolonie, ein Jahr später zieht Kampmann hierher um. Bei der Malerkolonie handelt es sich um eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft von Kunstschaffenden. Wir haben übrigens über eine sehr spannende Künstlerin der Grötzinger Malerkolonie eine Folge gemacht. Das ist Jenny Fikentscher – hört auch dafür Episode 49 von Kunstsnack an.
Ok, back to topic: Die Natur um Grötzingen hat Kampmann sehr inspiriert. Hier ging er viel wandern und zeichnete oder malte unter freiem Himmel. Die Malerkolonie befand sich in einem Dorf, drum herum malerische Landschaft – im wahrsten Sinne. In dieser Zeit wird der Wald zu einem wichtigen Thema für Kampmann. Er arbeitete oft am späten Nachmittag oder frühen Abend. Ihr kennt ja alle den Satz: Der späte Vogel fängt das Motiv. Kampmann faszinierte das weiche Farbspiel am Himmel – siehe das Werk unserer Folge.
Kunst-Hotspot Karlsruhe
Gustav Kampmann war große Teile seines Lebens in Karlsruhe oder bei Karlsruhe tätig. Man kann ihn daher getrost als Karlsruher Künstler-King bezeichnen. Er studierte in dieser Stadt Kunst und hier wurde er auch Gründungsmitglied des Karlsruher Künstlerbundes. Dazu gehörte eine Druckerei – hier wurden Farblithografien gedruckt, die handsigniert und etwas exklusiver waren.. Zugleich sicherte dieses Vorgehen den Kunstschaffenden ein Einkommen und machte sie populärer. Das Ganze war also eine Win-Win-Situation.
Mit seiner Malerei war Kampmann nicht ganz so erfolgreich. Er malte rund 500 Bilder, aber nur wenige davon landeten zu seinen Lebzeiten in öffentlichen Museen. 2 Bilder kamen in die Kunsthalle Karlsruhe. Mittlerweile sind es deutlich mehr: Über 50 Werke von Kampmann befinden sich heute in der Kunsthalle Karlsruhe. Und ein besonders tolles haben wir jetzt näher kennengelernt.
Das Werk „Abend im Walde“ macht mir direkt große Lust mal wieder in den Wald zu gehen. Denn so eine wunderschönes Dämmerung möchte ich auch entdecken. Damit sind wir durch mit dieser Folge von Kunstsnack. Geht auch raus in die Natur, es tut uns allen gut! Ich hoffe, es hat euch gefallen. Danke für’s Zuhören, macht’s gut, Ciao.
Das war der Kunstsnack – Kurze Facts leicht bekömmlich. Mit Jakob Schwerdtfeger. Eine Produktion der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Abonniert unseren Podcast und folgt uns bei Instagram. Habt Ihr Themenwünsche, schreibt uns via Directmessage oder per Mail an digital@kunsthalle-karlsruhe.de.
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