Mitschüler von da Vinci: Maria, das Kind anbetend, mit dem Johannesknaben von Lorenzo di Credi | #40

Shownotes

Wisst Ihr, was ein Tondo ist? In dieser Kunstsnack-Episode erfahrt Ihr es. Diese handelt von Lorenzo di Credi und seinem Gemälde "Maria, das Kind anbetend, mit dem Johannesknaben". Was es mit diesem besonderen Bild auf sich hat, warum es kreisförmig ist, und welche Rolle Leonardo da Vinci dabei spielt, verrät Euch Jakob Schwerdtfeger.

Das Werk in der Onlinesammlung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe: https://www.kunsthalle-karlsruhe.de/kunstwerke/Lorenzo-di-Credi/Maria-das-Kind-anbetend-mit-dem-Johannesknaben/5399F1A54E8D0A0F19E65CA7A69D1CE3/

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Ein Podcast der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe

Text: Jakob Schwerdtfeger
Idee und Redaktion: Daniela Sistermanns, Sarah Ball, Tabea Schwarze
Beratung: Thomas Frank
Ton und Schnitt: Sarah Ball
Sounddesign und Musik: Milan Fey, Auf die Ohren GmbH
Sprecher Intro und Outro: Martin Petermann, Auf die Ohren GmbH
Sprecherin der Rubriken: Lena Günther, Auf die Ohren GmbH
Foto: Pierre Jarawan
Gestaltung: Bureau Mitte Designagentur, Frankfurt
Förderer: Dieser Podcast wird finanziell unterstützt von der Werner-Stober-Stiftung sowie den Freunden der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe e.V.

Transkript anzeigen

Kunstsnack. Ein Podcast der Staatlichen Kunsthalle KarlsruheMitschüler von da Vinci: Maria, das Kind anbetend, mit dem Johannesknaben von Lorenzo di Credi

Ok, Kunstsnack hat ja auch einen Bildungsauftrag. Wir wollen euch Wissen an die Hand geben, mit dem ihr ordentlich angeben könnt. Deshalb hier: Runde Bilder nennt man "Tondo". Könnt ihr super bei Dates nebenbei fallen lassen, wirkt mega schlau. Um einen solchen Tondo aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe geht es heute. Das Format sieht wirklich aus wie euer rundes Profilbild bei Instagram. Der Titel ist "Maria, das Kind anbetend mit dem Johannesknaben“. Gemalt hat es der Künstler Lorenzo di Credi um 1480. Also, das wird heute eine kleine Zeitreise. Und Leonardo da Vinci kommt auch drin vor. Let's go!

Ok, Kunstsnack hat ja auch einen Bildungsauftrag. Wir wollen euch Wissen an die Hand geben, mit dem ihr ordentlich angeben könnt. Deshalb hier: Der Kunstsnack – Kurze Facts leicht bekömmlich. Von der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe mit dem Comedian und Kunsthistoriker Jakob Schwerdtfeger.

Kurzer Hinweis: Schaut gerne mal kurz in die Shownotes von diesem Podcast. Da ist ein Link, da könnt ihr euch das Bild anschauen. Das ist nämlich wirklich krass gemalt. So, und jetzt geht's aber los.

Kurzer Hinweis: Was gibt‘s hier zu sehen? Bildliche Beschreibung

Das Bild um das es heute geht, hat einen etwas sperrigen Titel: "Maria, das Kind anbetend mit dem Johannesknaben“. Man könnte auch einfach sagen: Maria und Johannes feiern Jesus ab. Unten auf dem Tondo sehen wir den kleinen Jesus liegen. Er guckt zu seiner Mutter hoch. Die trägt einen blauen Mantel und betet ihn an – was Mütter halt so machen. Neben Maria kniet Johannes der Täufer. Johannes ist genauso alt wie Jesus, also ein kleines Kind. Aber auch er betet Jesus an.

Was spannend ist: Der kleine Jesus wirkt etwas trottelig, wie Babys halt so wirken. Er hebt den kleinen Zeigefinger unbeholfen vor sein Gesicht. Ich finde, Jesus sieht aus, als würde er sich gleich in der Nase bohren. Aber laut Fachliteratur deutet Jesus hier einen Segensgestus an. Schade. Nasenbohren hätte ich deutlich witziger gefunden. Naja, auf jeden Fall wirkt Jesus auf dem Bild wie ein kleines, knuffiges Kind. Johannes dagegen wirkt viel ernsthafter und reifer. Obwohl er doch gleichaltrig gemalt ist. Ich habe noch nie ein Kind so gewissenhaft beten sehen, wie Johannes den Täufer. Er fühlt das richtig. Der kleine Johannes-Knirps scheint zu verstehen: „Ok, krass. Da liegt jetzt einfach der Heiland vor mir.“

Hinter den Figuren ist eine Steinarchitektur angedeutet mit großen Bögen, durch die man durchgucken kann. Da sieht man Ochs und Esel im Stall. Und man sieht eine Landschaft: Felsen, Bäume und vor allem ein Fluss, der da durchläuft Das könnte ein Verweis auf die Taufe von Christi sein – oder es ist halt einfach nur ein Fluss.

Und noch eine Sache: Wow, ist das Bild krass gemalt! Der Künstler Lorenzo di Credi liefert hier richtig ab. Jedes Detail ist so präzise, selbst die winzigen Zehennägel von Jesus sind so exakt gemalt. Alles wirkt plastisch und dreidimensional. Die Farben sind dazu hell und klar. Crazy! Noch mal eine klare Aufforderung: Guckt in die Shownotes und schaut euch die Abbildung an.

Und noch eine Sache: Der Epochen-Check

Und noch eine Sache: Das Bild aus der Kunsthalle Karlsruhe ist um 1480 entstanden. Es fällt damit zeitlich genau in die Epoche der Renaissance. Die Renaissance war eine Kunstrichtung, die um 1400 in Italien aufkam. Insgesamt dauerte die rund 200 Jahre. Der Begriff "Renaissance" heißt Wiedergeburt. Es ging darum Errungenschaften der Antike wieder aufleben zu lassen. Also eigentlich heißt Renaissance einfach „Comeback“.

Und noch eine Sache: In der Renaissance herrschte ein großes wissenschaftliches Interesse – auch in der Kunst. Der Mensch wurde genau studiert, manche Künstler sezierten sogar Leichen, um das Muskelspiel unter der Haut zu verstehen. Außerdem nutzte man die Zentralperspektive – also nahe Gegenstände groß, weiter entferntere klein. Korrekte Perspektive eben, heute selbstverständlich, damals nicht. Zu all diesen neuen Kunst-Trends passt ja auch das Bild von Lorenzo di Credi – mit dieser beeindruckenden Malweise und Detailverliebtheit.

Lorenzo di Credi kam wie die Renaissance aus Italien, genauer gesagt kam er aus Florenz. Diese Stadt hatte eine besondere Bedeutung, sie gilt nämlich als Wiege der Renaissance. Das hat verschiedene Gründe: Florenz war damals das Finanzzentrum Italiens. Die Familie Medici hatte damals dort Sagen. Die Medicis waren übertrieben reich. Unter anderem förderten sie viele Künstler, vergaben Aufträge und so weiter. Florenz wurde so zu einem kulturellen Hotspot, zur Hochburg der Künste. Hier gab es Freiräume und Möglichkeiten, die es anderswo einfach nicht gab. Das zog wiederum viele Kunstschaffende nach Florenz. Tja, und Lorenzo di Credi wurde in Florenz geboren. Glück gehabt!

Ich hatte euch am Anfang der Folge schon vom Tondo erzählt – diese runde Bildform wurde in der Renaissance gerne genommen für Darstellungen von Maria. Vor allem in Florenz. Aber warum? Die Kreisform stand für Vollkommenheit und Harmonie – wie Maria. Also, wenn ihr euren Liebsten ein Kompliment machen wollt, steckt deren Foto in einen runden Rahmen. Außerdem hat ein Tondo einen weiteren großen Vorteil: Ein rundes Bild kann nicht schief hängen. Finde ich mega praktisch.

Ich hatte euch am Anfang der Folge schon vom Tondo erzählt – diese runde Bildform wurde in der Renaissance gerne genommen für Darstellungen von Maria. Vor allem in Florenz. Aber warum? Die Kreisform stand für Vollkommenheit und Harmonie – wie Maria. Also, wenn ihr euren Liebsten ein Kompliment machen wollt, steckt deren Foto in einen runden Rahmen. Außerdem hat ein Tondo einen weiteren großen Vorteil: Wie wurde das Werk beeinflusst? Interessante Inspirationen

Ich hatte euch am Anfang der Folge schon vom Tondo erzählt – diese runde Bildform wurde in der Renaissance gerne genommen für Darstellungen von Maria. Vor allem in Florenz. Aber warum? Die Kreisform stand für Vollkommenheit und Harmonie – wie Maria. Also, wenn ihr euren Liebsten ein Kompliment machen wollt, steckt deren Foto in einen runden Rahmen. Außerdem hat ein Tondo einen weiteren großen Vorteil: Lorenzo di Credi lernte das Malen bei Andrea del Verocchio. Der war ein berühmter Florentiner Künstler und Lorenzo di Credi lernte in seiner Werkstatt. Und zwar zusammen mit niemand geringerem als Leonardo da Vinci. Stell dir mal vor, Leonardo da Vinci ist einfach dein Mitschüler. Den würde ich sofort in mein Freundschaftsbuch malen lassen und die Seite direkt in einen fetten Goldrahmen packen.

Der Einfluss von seinem Lehrer Andrea del Verocchio zeigt sich deutlich bei Lorenzo di Credi: Die technisch perfekte Malerei, die lichte Farbigkeit, die kräftige Modellierung der Figuren. Das sind alles Dinge, die wir auch auf dem Bild aus der Kunsthalle Karlsruhe sehen und die typisch für Andrea del Verocchio sind. Aber auch da Vinci war ein wichtiger Einfluss für Lorenzo di Credi. Zum Beispiel Marias Gesicht auf unserem Bild – das sieht Bildern von Leonardo da Vinci sehr ähnlich. Generell die feine Malweise und wie die kleinen Kinder aussehen, wie die Speckfältchen gemalt sind. Es gibt sogar ein paar Werke von Lorenzo di Credi die lange für Werke von da Vinci gehalten wurden. So groß ist die Ähnlichkeit. Lorenzo oder Leonardo? Das ist die große Frage.

Der Einfluss von seinem Lehrer Andrea del Verocchio zeigt sich deutlich bei Lorenzo di Credi: Wenn man sich das Bild aus der Kunsthalle Karlsruhe anguckt, ist nicht nur das Format eine runde Sache, sondern das Gesamtpaket. Und das Werk ist eine Besonderheit, denn in der Kunsthalle gibt es nur wenige italienische Bilder. Dafür aber so ein Meisterwerk! Und wer weiß, vielleicht hält das Bild auch irgendjemand mal für einen echt da Vinci.

Der Einfluss von seinem Lehrer Andrea del Verocchio zeigt sich deutlich bei Lorenzo di Credi: Danke für's Zuhören. Ich hoffe, ihr hattet Spaß mit dieser Folge. Die nächste erscheint wie immer in zwei Wochen. Macht's gut, Ciao.

Der Einfluss von seinem Lehrer Andrea del Verocchio zeigt sich deutlich bei Lorenzo di Credi: Das war der Kunstsnack – Kurze Facts leicht bekömmlich. Mit Jakob Schwerdtfeger. Eine Produktion der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Abonniert unseren Podcast und folgt uns bei Instagram. Habt Ihr Themenwünsche, schreibt uns via Directmessage oder per Mail an digital@kunsthalle-karlsruhe.de.

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