Tierischer Trubel: Fische, Seevögel und Papageien von Jean-Baptiste Oudry | #20

Shownotes

In diesem Kunstsnack wird es tierisch! Es geht um das Stillleben "Fische, Seevögel und Papageien" von Jean-Baptiste Oudry. Erfahrt, was Jakob Schwerdtfeger an diesem Werk so begeistert, welche Dramaturgie und Komposition das Gemälde hat und warum es doch auf die Größe ankommt. Neben sprechenden Papageien und täuschend echt aussehenden Fischen geht es außerdem um Outfittipps, Kutschen, Bayern München und Camping.

Das Werk in der Onlinesammlung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe: https://www.kunsthalle-karlsruhe.de/kunstwerke/Jean-Baptiste-Oudry/Fische-Seev%C3%B6gel-und-Papageien/999196CD4A0022DA4F6F13BD0159BF79/

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Ein Podcast der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe

Text: Jakob Schwerdtfeger
Idee und Redaktion: Daniela Sistermanns, Sarah Ball, Tabea Schwarze
Beratung: Thomas Frank
Ton und Schnitt: Sarah Ball
Sounddesign und Musik: Milan Fey, Auf die Ohren GmbH
Sprecher Intro und Outro: Martin Petermann, Auf die Ohren GmbH
Foto: Pierre Jarawan
Gestaltung: Bureau Mitte Designagentur, Frankfurt
Förderer: Dieser Podcast wird finanziell unterstützt von der Werner-Stober-Stiftung sowie den Freunden der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe e.V.

Transkript anzeigen

„Tierischer Trubel – Fische, Seevögel und Papageien von Jean-Baptiste Oudry“

2022 war ich in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe zu Besuch. Ich bin mit dem Museums-Team, das hinter diesem Podcast steht, durch die Ausstellungsräume gegangen. Und vor einem Bild bin ich sofort stehen geblieben und meinte: "Ey, da will ich unbedingt eine Kunstsnack-Folge drüber machen." Also, here it is. Diese Folge ist perfekt für alle Tier-Fans, denn es geht um das Gemälde "Fische, Seevögel und Papageien" von Jean-Baptiste Oudry aus dem Jahr 1724. Ich bin komplett hyped, denn auf dem Bild sind richtig schöne Papageien. Und aktuell ist mein großes, neues Ding, dass ich mir viel zu viele Videos auf Instagram angucke von sprechenden Papageien – ganz ehrlich, das ist der beste Content der Welt. Ich kann's euch nur empfehlen, es hat mein Leben massiv verbessert. Liebend gerne würden wir auch diesen Podcast von einem Papageien sprechen lassen, aber das ist leider ein bisschen schwierig. Daher müsst ihr mit meiner Stimme Vorlieb nehmen. In diesem Sinne – willkommen zu einer neuen Folge von Kunstsnack.

2022 war ich in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe zu Besuch. Ich bin mit dem Museums-Team, das hinter diesem Podcast steht, durch die Ausstellungsräume gegangen. Und vor einem Bild bin ich sofort stehen geblieben und meinte: Der Kunstsnack – Kurze Facts leicht bekömmlich. Von der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe mit dem Comedian und Kunsthistoriker Jakob Schwerdtfeger.

2022 war ich in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe zu Besuch. Ich bin mit dem Museums-Team, das hinter diesem Podcast steht, durch die Ausstellungsräume gegangen. Und vor einem Bild bin ich sofort stehen geblieben und meinte: Das Problem an einem Kunst-Podcast ist, dass man keine Bilder zeigen kann. Ich kann sie nur möglichst bildlich beschreiben. Aaaaber es gibt ja die Shownotes in eurer Podcast-App. Und dort ist ein Link zur Abbildung des Kunstwerks, um das es heute geht. Schaut euch das gerne in Ruhe an. Jetzt aber direkt zu dem Gemälde "Fische, Seevögel und Papageien" von 1724. Erst mal muss man sagen, alles auf diesem Bild ist gestochen scharf gemalt. Der Titel "Fische, Seevögel und Papageien" sagt ja schon, dass wir es mit vielen Tieren zu tun haben und sie sind so on Point gemalt. Die Fische wirken richtig glibschig und die Federn der Vögel richtig... fedrig.

2022 war ich in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe zu Besuch. Ich bin mit dem Museums-Team, das hinter diesem Podcast steht, durch die Ausstellungsräume gegangen. Und vor einem Bild bin ich sofort stehen geblieben und meinte: Was sehen wir alles? Arbeiten wir uns mal von unten nach oben vor. Auf dem Boden kriecht ein blauer Hummer aus dem Wasser. Daneben am Ufer steht ein Kormoran mit ausgestreckten Flügeln. Der Vogel scheint ziemlich aufgebracht. Verständlich, denn über ihm auf einem Steinblock liegt ein ganzer Haufen Fische. Ein echtes Deluxe-Menü für den Kormoran. Wir sehen zwei Lachse, einen Aal, ein Neunauge, einen Katzenhai und eine Scholle. Klingt nach der gehobenen Theke von Nordsee oder Gosh. Der Kormoran scheint das ähnlich zu sehen, denn er reckt seinen Schnabel in Richtung der Fische. Die Fische wiederum scheinen nicht alle tot zu sein, einige winden sich umeinander, schnappen nach Luft, zucken im Todeskampf an der Luft.

2022 war ich in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe zu Besuch. Ich bin mit dem Museums-Team, das hinter diesem Podcast steht, durch die Ausstellungsräume gegangen. Und vor einem Bild bin ich sofort stehen geblieben und meinte: Über der Szene befindet sich eine Stange und darauf sitzen zwei Papageien, die sich zueinander beugen, als würden sie sich gleich küssen – ein klassischer Schnabel-Schmatzer. Der eine Papagei ist rot, der andere blau – wie die Farben von Bayern München. Ok, das ist irgendwie eine unsympathische Farb-Beschreibung, das haben die Papageien nicht verdient. Sorry. Ganz außen an der Stange baumeln außerdem noch weitere Fische an einer Schnur. Es handelt sich um zwei Hornhechte und einen Tintenfisch.

2022 war ich in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe zu Besuch. Ich bin mit dem Museums-Team, das hinter diesem Podcast steht, durch die Ausstellungsräume gegangen. Und vor einem Bild bin ich sofort stehen geblieben und meinte: Man spricht bei so einem Gemälde von Stillleben, weil Stillleben nicht nur Gegenstände umfassen, sondern auch die Anordnung von Tieren sein können. Ich finde es bei Bildern immer spannend sich bestimmte Partien wegzudenken oder mit der Hand zuzuhalten. Dann bekommt man nämlich ein gutes Gefühl dafür, wie das Bild ohne diese Teile wirkt und wie Künstler*innen ihre Bilder komponiert haben. Die denken sich bei ihren Gemälden nämlich eine ganze Menge. Und vieles nehmen wir gar nicht explizit wahr.

Zum Beispiel das Bild aus der Kunsthalle Karlsruhe: Wenn die Papageien nicht da wären, dann wäre das Stillleben von den Farben her, ehrlich gesagt, ein ziemlich langweiliges Bild. Die Fische sind größtenteils gräulich und silbern, der Kormoran ist dunkel. Es wäre farblich eine recht trübe Suppe. Aber die beiden Papageien sorgen für Action. Das knallige Rot und Blau stechen enorm heraus und sind bei dem Bild sofort ein Blickfang. Das ist wie ein grauer, seriöser Anzug, aber dann trägt man dazu eine neonfarbene Cappy. Die beiden bunten Papageien dominieren das Bild. Als ich in der Kunsthalle Karlsruhe war, sind die mir auch direkt ins Auge gestochen – ehrlich gesagt, habe ich den Hummer und den Kormoran gar nicht bemerkt. Die sind mir erst bei der Vorbreitung auf diese Podcastfolge aufgefallen. Genau das machen gute Künstler wie Jean-Baptiste Oudry – sie lenken unseren Blick und schaffen dadurch eine Dramaturgie. Je länger man das Stillleben anguckt, desto mehr entdeckt man. Das Gemälde bekommt zudem noch mal mehr Dynamik durch die unterschiedlichen Bewegungen der Tiere. Überall im Bild flattern Flügel oder zucken Fische. Es hat was von einem Zoogehege, bei dem irgendein Trottel an die Scheibe geboxt hat und plötzlich ist überall tierischer Trubel.

Man sagt ja immer: Es kommt nicht auf die Größe an. Das sehe ich entschieden anders. Oudrys Stillleben aus Karlsruhe wirkt auch deshalb so intensiv, weil es ein Riesen-Schinken ist: 1,90m hoch und knapp 1,30m breit. Das ist größer als ich und vor allem deutlich breiter. Wie die Fische in der Mitte auf dem Steinblock arrangiert sind, das erinnert übrigens durchaus an Stillleben des Malers Frans Snyders. Über Snyders haben wir auch schon eine Podcastfolge gemacht. Wenn ihr die nicht kennt, absolute Empfehlung! Und das sage ich nicht nur, weil ich die Folge geschrieben habe.

Man sagt ja immer: So, jetzt kommen wir aber zu einer Unstimmigkeit auf dem Gemälde von Jean-Baptiste Oudry aus der Kunsthalle Karlsruhe. Die Tiere auf dem Bild kommen nämlich aus ganz unterschiedlichen Regionen, sie teilen sich nicht den gleichen Lebensraum – manche stammen von der französischen Kanalküste, andere aus weiter Ferne. Einige der Fische hatte der Maler Oudry selbst gesehen, er war Franzose und viel an Küste unterwegs. Aber Papageien etwa waren in Frankreich dort nicht ursprünglich beheimatet.

Man sagt ja immer: Diese Vögel wurden im 18. Jahrhundert nach Europa eingeführt. Zu dieser Zeit entsteht ein großes Interesse an fremden Tieren. Botanik und Zoologie beginnen sich als Wissenschaften zu entwickeln. Der Malerei kam bei all dem eine wichtige Funktion zu, und zwar die besonderen und neuartigen Tiere in Bildern festzuhalten. Es gab damals ja noch keine Fotografie und exotische Tiere starben oft schnell. Sie waren das Klima nicht gewöhnt und wurden häufig falsch gefüttert. Über fremde Tierarten gab es ja einfach noch nicht viel Wissen. Für Künstler wie Oudry bedeutete das eine besondere Herausforderung, denn die damaligen Maler waren so außergewöhnliche Tiere nicht gewohnt. Sie hatte keine Übung darin die zu malen. Kühe, Schafe, Hunde oder von mir aus auch Ratten – klar, das gehörte zum Standardrepertoire, aber so ein Papagei... Und dann bewegt der sich auch noch die ganze Zeit. Keine leichte Aufgabe.

Oudry machte Studien von allen möglichen Tieren, die er zu Gesicht bekam. Aus denen setzte er dann sein Gemälde zusammen – das Bild aus Kunsthalle Karlsruhe ist also eine Art Tier-Tetris oder Papageien-Puzzle. 1724 wurde Oudry dann französischer Hofmaler. Es war eine Win-Win-Situation: Ludwig XV. hatte somit einen der besten Tiermaler in seinen Diensten und Oudry konnte super viele Tiere studieren. Denn die königliche Menagerie, also ein Park mit Tiergehegen, war eine der reichsten Sammlungen exotischer Tiere. Hier konnte Ourdy komplett ausrasten. Übrigens entstand das Stillleben dieser Folge im gleichen Jahr, als Oudry Hofmaler wurde – also 1724. Funfact: Er hat am Hof nicht nur Tiere gepinselt, sondern auch die königlichen Kutschen bemalt. Wie die Kutschen war auch der Künstler selbst viel on the road. An Sonntagen und Feiertagen zog Oudry durch die Wälder und zeichnete in der Natur. Dabei hatte er immer ein kleines Zelt mit – so konnte er sich vor Sonne und Wind schützen. Ein wahrer Camping-Künstler.

Oudry machte Studien von allen möglichen Tieren, die er zu Gesicht bekam. Aus denen setzte er dann sein Gemälde zusammen – das Bild aus Kunsthalle Karlsruhe ist also eine Art Tier-Tetris oder Papageien-Puzzle. 1724 wurde Oudry dann französischer Hofmaler. Es war eine Win-Win-Situation: Übrigens war Oudry am Anfang seiner Karriere nicht sonderlich berühmt. Er malte Porträts mit mäßigem Erfolg – erst die Spezialisierung auf Stillleben mit Tieren und Früchten brachte ihm den Durchbruch. Sein Nachruhm ist so groß, dass ihm 2017 sogar eine eigene 70-Cent-Briefmarke in Deutschland gewidmet wurde – darauf war ein Vogel-Gemälde. Eigentlich eine lustige, subtile Geste Leuten diese Briefmarke zu schicken, die man für richtige Vögel hält. Kleiner Tipp am Rande von mir.

Aber die Entwicklung war ja wirklich enorm: Vom Bild zur Briefmarke, vom Porträt zum Papagei, vom französischen Hof bis in die Kunsthalle Karlsruhe – das kann nur Jean-Baptiste Oudry. Vielen Dank fürs Zuhören. Ich hoffe, die Folge hat euch gefallen. In zwei Wochen sind wir wieder da mit einem neuen Werk aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Abonniert am besten jetzt den Podcast und macht's gut. Ciao.

Aber die Entwicklung war ja wirklich enorm: Das war der Kunstsnack – Kurze Facts leicht bekömmlich. Mit Jakob Schwerdtfeger. Eine Produktion der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Abonniert unseren Podcast und folgt uns bei Instagram. Habt Ihr Themenwünsche, schreibt uns via Directmessage oder per Mail an digital@kunsthalle-karlsruhe.de.

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